Was macht gutes Design aus? Unterschiedliche Thesen dafür.
Was ist überhaupt gutes Design? Was muss es erfüllen und können, um sich gutes Design nennen zu dürfen?
Was ist gutes Design? Und was macht gutes Design aus?
Jeder, der mit Design arbeitet, stellt sich immer diese Fragen: Was macht gutes Design wirklich gut? Ist das Design überhaupt gut?
Doch, wie lässt sich gutes Design wirklich beurteilen? «Gut» ist ein sehr dehnbarer Begriff. Und, wenn es um «gutes Aussehen» geht, gehen die Meinungen auseinander. Wie kann also gutes Design überhaupt definiert werden?
Gutes Design bis zu einem gewissen Grad weniger im Auge des Betrachters, sondern viel mehr am Nutzen und lässt sich nach bestimmten Parametern beurteilen. Es gibt diverse Thesen und Ansätze dafür, was gutes Design ausmacht und ebenfalls einige Strategien, wie man nach gewissen Messstäben gutes Design schaffen kann.
Design Definition
Der Begriff «Design» leitet sich vom lateinischen «designare» ab und bedeutet soviel wie Entwurf oder Formgebung.
Die zehn Thesen für gutes Design nach Rams
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägte Dieter Rams das Design der Alltagskultur so entscheidend wie kein anderer Designer. Der deutsche Industriedesigner Dieter Rams beschäftigte sich Ende der 1970er Jahre intensiv mit dem Thema, was gutes Design ausmacht. Rams arbeitete viele Jahre bei für die Marke Braun und prägte deren Produkte.
Er formulierte zehn Anforderungen, die seiner Meinung nach gutes Design erfüllen müssen.
- Gutes Design ist innovativ
- Gutes Design macht ein Produkt brauchbar
- Gutes Design ist ästhetisch
- Gutes Design macht ein Produkt verständlich
- Gutes Design ist unaufdringlich
- Gutes Design ist ehrlich
- Gutes Design ist langlebig
- Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail
- Gutes Design ist umweltfreundlich
- Gutes Design ist so wenig Design wie möglich

Gutes Design ist innovativ
Die Möglichkeiten für Innovationen sind noch lange nicht ausgeschöpft. Die technologische Entwicklung bietet immer wieder neue Ansatzpunkte für nachhaltige Designkonzepte, die den Gebrauchswert eines Produkts optimieren. So entsteht innovatives Design, immer in Verbindung mit innovativer Technik.

Gutes Design macht ein Produkt brauchbar
Wir kaufen Produkte, um sie zu verwenden. Sie sollen bestimmte Funktionen erfüllen – primäre Funktionen sowie ergänzende psychologische und ästhetische Funktionen. Gutes Design optimiert die Benutzerfreundlichkeit und verwirft alles, was diesem Ziel nicht dient oder sogar widerspricht. So verfolgt gutes Design nie einen Selbstzweck.

Gutes Design ist ästhetisch
Die ästhetische Qualität eines Produkts ist ein integraler Aspekt seiner Nützlichkeit. Denn Geräte, die Sie täglich nutzen, prägen das persönliche Umfeld und beeinflussen das Wohlbefinden. Aber nur was gut gemacht ist, kann schön sein.

Gutes Design macht ein Produkt verständlich
Gutes Design macht die Struktur des Produkts klar und leicht verständlich. Darüber hinaus kann es das Produkt zum Sprechen bringen. Im besten Fall erklärt das Design von selbst, wie das Produkt funktioniert.

Gutes Design ist unaufdringlich
Produkte, die einem Zweck dienen, sind keine Dekorationsgegenstände oder Kunstwerke. Ihr Design sollte daher neutral sein, die Geräte in den Hintergrund treten lassen und den Menschen Raum zur Selbstverwirklichung geben.

Gutes Design ist ehrlich
Gutes Design lässt ein Produkt nicht innovativer, leistungsfähiger oder wertvoller erscheinen, als es wirklich ist. Es versucht nicht, den Verbraucher zu manipulieren, indem es Versprechungen macht, die es dann nicht einhält.

Gutes Design ist langlebig
Es vermeidet modisch zu sein und sieht daher nie veraltet aus. Im Gegensatz zu kurzlebigem Modedesign hält es auch in der heutigen Wegwerfgesellschaft viele Jahre.

Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail
Nichts sollte dem Zufall überlassen werden. Gründlichkeit und Genauigkeit des Designs sind Ausdruck des Respekts gegenüber dem Verbraucher.

Gutes Design ist umweltfreundlich
Design leistet einen wichtigen Beitrag zur Schonung der Umwelt. Es umfasst die Schonung von Ressourcen sowie die Minimierung von physikalischer und optischer Belastung im Produktdesign.

Gutes Design ist so wenig Design wie möglich
Weniger ist mehr, da es sich auf das Wesentliche konzentriert, anstatt das Produkt mit Überflüssigem zu belasten. Zurück zum Reinen, zum Einfachen!

Rams Einfluss auf gutes Design ist weitreichend
Der Chefdesigner von Apple, Jonathan Ive, betont immer wieder, dass er ein grosser Rams-Fan ist – was übrigens auch bei Steve Jobs der Fall war. Mit anderen Worten, die guten Design-Lektionen von Rams haben Apple geprägt. Steve Jobs hat die 10 Regeln für gutes Design in einem einzigen Satz zusammengefasst: «Design ist nicht, wie etwas aussieht oder sich anfühlt. Design ist, wie etwas funktioniert.»
Dieter Rams: Der Industriedesigner der Moderne
Dieter Rams wurde am 20. Mai 1932 in Wiesbaden geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte Rams bis 1953 Architektur und Innenarchitektur an der Werkkunstschule in Wiesbaden – unterbrochen von einer Schreinerlehre. Anschliessend arbeitete Rams für die nächsten zwei Jahre im Architekturbüro von Otto Apel.
1955 bewarb sich Rams bei Braun. Zu dieser Zeit modernisierte Braun das Unternehmen grundlegend und beauftragte Rams ursprünglich mit der Gestaltung des Firmengeländes. Braun erkannte schnell das Talent von Rams und bezog ihn in die Produktdesignarbeit ein.
Einer der ersten Entwürfe von Ram für Braun, in Zusammenarbeit mit Hans Gugelot, war die Radio/Plattenspieler-Kombination SK 4. Das radikal reduzierte Design aus weiss lackiertem Blech mit einer Abdeckung aus Acrylglas und Seitenteilen aus hellem Holz wurde als «Schneewittchen Sarg» bekannt und zum Klassiker. Von 1961 bis 1995 leitete Rams die Designabteilung von Braun.
In den späten 1970er Jahren machte sich Dieter Rams zunehmend Sorgen über den Zustand einer Welt, die er als «ein unergründliches Durcheinander von Formen und Farben» wahrnahm. Im Bewusstsein, dass er als Designer einen wesentlichen Beitrag zu dieser Welt geleistet hat, stellte er sich die Frage: Was ist gutes Design? Seine Antwort formulierte er in zehn Thesen für gutes Design.
In den Folgejahren bis in die 1980er-Jahre prägte Rams mit seinem Designteam das typische, klare Erscheinungsbild der Produkte der Braun-Gruppe.
Viele der daraus entstandenen Produkte gelten heute als Designklassiker, wie der Weltempfänger T 1000, der elektrostatische Lautsprecher LE1 und HiFi-Komponenten für Regie und Studios. Rams glaubt, dass das beste Design aus der engen Zusammenarbeit zwischen Unternehmer und Designer entsteht.
15 Thesen für gutes Design von Google
«Was ist gutes Design? Nun, das hängt davon ab, wen Sie fragen» meint das Unternehmen Google. Gesagt, getan: So wurden vom Unternehmen viele unterschiedliche Designer gefragt, was gutes Design für sie ausmacht.
So sagte beispielsweise die UX-Forscherin Izzie Zahorian: «Wenn ich mit gutem Design in Berührung komme, frage ich mich oft, ob etwas überhaupt entworfen wurde.» Das ist nicht weit entfernt von der Rams'schen These, die besagt, dass gutes Design «so wenig Design wie möglich» ist.

Maiskolben-Halter
Weil sie sich angenehm verschrauben lassen, sodass man den Maiskolben greifen kann, bevor er abkühlt und weil man ihn leichter in Butter wälzen kann. Man kann sie beliebig kombinieren und sie halten jahrzehntelang.
Andy Stewart, Visual Design Lead

Hammer
Der Hammer ist aufgrund seiner allgemeinen Haltbarkeit, Nützlichkeit und Wirksamkeit ein gutes Design. Gutes – ja sogar hervorragendes – Design berücksichtigt Fragen der Gerechtigkeit, der Umwelt, der Wirtschaft und der menschlichen Entwicklung. Hämmer sind sowohl verblüffend einfach als auch vielseitig einsetzbar.
Darien Henry, UX-Designer

Polaroid SX-70
Sie reduziert Komplexität auf einen Knopfdruck. Drücke den Auslöser und das Foto entwickelt sich vor Deinen Augen. Magie. Gutes Design ist für mich auf den Kontext abgestimmt. Es kann die Zugänglichkeit optimieren, die Umweltbelastung reduzieren oder Freude bereiten. Es gibt keine Checkliste, keine Grenzen, es kann einfach nicht in einem Vakuum geschehen.
Isaac Blankensmith, Hardware-Designer

NYC Subway Poles
Die neuen geteilten Stangen in den U-Bahnen sind grossartig. Sie zeigen, dass ein wenig Aufmerksamkeit für etwas, das normalerweise als selbstverständlich angesehen wird, das tägliche Leben von Tausenden von Menschen verbessern kann. Gutes Design ist für mich die Anwendung von Kreativität, die auf andere Rücksicht nimmt, an Orten, an denen man es nicht erwartet.
John Cassidy, Co-founder/Designer at Area 120

LEGO
Es spiegelt ein robustes Designsystem mit konsistenter Interaktion und Kohärenz über alle Stile hinweg wider. Wenn ich meinen Kindern beim Spielen zusehe, schätze ich die modulare Natur der Teile und ihre endlosen Kombinationsmöglichkeiten. Gutes Design ist eine Partnerschaft zwischen einer Stimme und dem Ausdrucksmittel – kann es uns helfen, etwas zutiefst Persönliches zu sagen oder zu erleben und dabei authentisch und unverwechselbar zu bleiben?
Andrew Ng, Senior Interaction Designer

Sony Walkman
Er erfüllt seine Funktion. Die Farbe, der wasserdichte Riegel, die Gummitasten. Aus welchem Grund auch immer war mir als Kind zum ersten Mal bewusst, dass unsere Dinge nicht einfach nur existieren, sondern gestaltet sind. Für mich ist gutes Design, wenn etwas so einfach und mühelos ausgedrückt wird, dass es als gesunder Menschenverstand durchgeht.
Damien Correll, Design Lead

Ein-Knopf-Mikrowelle
Die beste Mikrowelle, die ich je besessen habe, hatte keine Knöpfe oder LCD-Anzeigen oder Touchscreens, sondern nur einen Knopf. Man dreht den Knopf auf die gewünschte Zeit und sie startet sofort. Ein absolut brillantes UX-Design, weil es einfach, zugänglich und unfehlbar war.
Tyler Freeman, Software Engineer

Gusseisenpfanne
«Als Minimalist suche ich nach Werkzeugen, die vielseitig einsetzbar sind. Pfannen aus Gusseisen sind zeitlos, langlebig, einfach zu nutzen und vielseitig einsetzbar. Anbraten, braten, als Waffe gegen Eindringlinge einsetzen – das alles können sie! Gutes Design ist für mich alles, was oben steht.»
Emily Blank, Art Director

Casio F91-W
Ich mag das schlichte Design – es versucht nicht, mehr zu sein, als es sein muss. Sie ist preiswert, hält ewig und passt ausserdem zu jedem Outfit! Manchmal reizt mich der Schnickschnack einer intelligenten Uhr, aber am Ende des Tages kommt mir alles an meinem Handgelenk, das mehr kann als nur die Zeit anzuzeigen, übertrieben vor.
Philippe Cao, Senior Visual Designer

Spielkarten
Seit Jahrzehnten scheinbar unverändert, sind sie ein zuverlässiger Zeitvertreib – egal zu welcher Zeit oder an welchem Ort. In den Händen eines Kartengebers im Casino oder eines Zauberers (was ich, um es ganz offen zu sagen, auch bin), es ist ein Kartenstapel mit unendlichen Möglichkeiten. Gutes Design ist langlebig und beständig – es ermöglicht neue Bedingungen und neue Lösungen im Gespräch. Es bietet Raum für Spiel.
Brad Aldridge, Senior Visual Designer

Orange
Weil jeder Teil essenziell ist. Die Schale schützt den Saft und ist nützlich für Rezepte oder zum Verfeinern von Getränken. Die Segmente haben die perfekte Grösse für einen Snack und enthalten jeweils mindestens einen Samen, was evolutionär so gewollt ist, um die Chance zu erhöhen, sich an neuen Orten auszubreiten. Gutes Design ist für mich, wenn jedes Element einen Zweck hat. Nichts ist umsonst. Wenn ich mit gutem Design in Berührung komme, stelle ich mir oft die Frage, ob etwas überhaupt gestaltet worden ist.
Izzie Zahorian, Experience Researcher

Elektrischer Wasserkocher
Gutes Design ist für mich etwas Einfaches und Selbsterklärendes, wie ein elektrischer Wasserkocher. Er hat nur einen Knopf, ist einfach anzuschliessen und zu bedienen. Seine Form ist offensichtlich – man braucht keine Anleitung.
Hagar Ben Yishay, Interaction Designer

Crocs
«Sie sind utilitaristische Fuss-Marshmallows – gut belüftet, schlauchförmig, fussformend, ganztägiger Komfort. Umstritten in ihrer Ästhetik, aber ehrlich in ihrem Zweck. Gutes Design ist eine gesunde Mischung aus Vertrautem und der Zukunft.»
Pat Iadanza, Visual Designer

Schubkarre
Sie erfüllt die Aufgabe, die sie erfüllen muss, ohne etwas anderes sein zu wollen. Geringer Wartungsaufwand. Keine gekünstelten Funktionen. Sie ist intuitiv zu bedienen, ehrlich und langlebig. Gutes Design ist für mich umfassend, funktional und erstrebenswert. Sobald man eine dieser Eigenschaften wegnimmt, vernachlässigt das Design jemanden oder eine Gruppe, eine Möglichkeit, Funktionalität zu bieten. Es ist nicht mehr gut.
Rick Jones, Visueller Designer

Fahrrad
«Daran gibt es fast nichts Überflüssiges. Es ist auf Langlebigkeit und geringes Gewicht ausgelegt, also hat alles, was dort ist, seinen Grund. Die Form folgt der Funktion, aber es gibt trotzdem viel Freiheit im Design. Es ist die elegante und reibungslose Synthese von Funktionen, die ein Fahrrad schön machen kann.»
Roman Pohorecki, Interaktionsdesigner
Einfachheit ist heute das grundlegende Gestaltungskriterium
Um zeitloses und gutes Design zu beschreiben und aktiv zu leben, lohnt es sich, sich auf folgende Kernregel zu konzentrieren: Gutes Design ist einfach und verzichtet auf alles Unnötige. Einfachheit ist heute eines der grundlegendsten Gestaltungskriterien, denn viele Menschen nehmen die Welt als kompliziert wahr.
Simplicity ist ein Ansatz, der Einfachheit zu einem zentralen Element im Branding von Unternehmen und Marken macht. Laut Siegel+Gale schneiden Unternehmen, die diesen Ansatz verfolgen, bei der Börsenbewertung siebenmal besser ab als ihre Wettbewerber.
55 % aller befragten Verbraucher sind bereit, für eine einfache, wiedererkennbare Marke mehr zu bezahlen und sogar 64 % empfehlen Produkte solcher Marken weiter. Es wird geschätzt, dass Unternehmen, die komplizierte Produkte anbieten, jedes Jahr rund 100 Milliarden Dollar verlieren.
Die weltweiten Vorreiter des Simplicity-Ansatzes sind: Netflix, ALDI, Google, Lidl und Carrefour, gefolgt von McDonald’s, Trivago, Spotify, Uniqlo und Subway.
Überraschenderweise taucht Apple – lange Zeit der Verfechter der Einfachheit – in keiner aktuellen Statistik mehr auf.
Gutes Design als Problemlösungs-Ansatz: Das Design Thinking
Design Thinking ist ein menschenzentrierter Ansatz zur Lösung von Problemen und kann als Prozess zur Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen eingesetzt werden. Es ist eine Art, über die Bedürfnisse und Herausforderungen nachzudenken, mit denen Menschen konfrontiert sind, um dann mit Empathie kreative Lösungen zu entwerfen.
Designer nutzen empathische Forschung, Prototyping, Storytelling und Tests, um neue Produkte zu entwickeln. Design Thinking wurde in vielen Bereichen wie Gesundheitswesen, Bildung, Unternehmensführung usw. angewendet.
Design Thinking kann auf jede Art von Problem angewendet werden, vom Design eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung bis hin zur Gestaltung eines Erlebnisses für Mitarbeiter oder Kunden.
Das Design Thinking beginnt mit Empathie, Verständnis und Kenntnis des Benutzers bzw. Kundens und geht dann weiter zum Verständnis des Kontexts, in dem das Problem gelöst werden muss. Der Prozess besteht aus fünf Phasen:
- Einfühlung in Kunden und Stakeholder
- Generierung von Lösungsideen
- Entwicklung dieser Ideen zu testbaren Prototypen
- Testen der Prototypen mit potenziellen Nutzern und Stakeholdern und Verfeinerung auf der Grundlage des Feedbacks aus diesen Tests
- Implementierung der endgültigen Lösung
Fazit – ist gutes Design definierbar?
Was gefällt, welcher Stil Dir gefällt, ist subjektiv. Was gutes Design ausmacht, aus einer grösseren Perspektive, ist jedoch nicht mehr so subjektiv, sondern kann an unterschiedlichen Prinzipien gemessen und definiert werden.